Die weltbekannten Psychologen Norbert Schwarz, Jing Zu und Nobelpreisträger Daniel Kahneman befragten in einer spannenden Studie 250 Fahrzeugbesitzer danach, wie viel Freude diese an ihren Autos haben. Die Antworten wurden in Relation zum Wert der Fahrzeuge gesetzt, und das Ergebnis überrascht kaum: Je höher der Fahrzeugwert, desto höher die Freude. Besitzer eines Porsche beispielsweise generieren etwa 50% mehr Freude als Besitzer eines VW Golf. Nur fair, für einen Porsche muss man (jedenfalls die meisten von uns) hart arbeiten, da bekommt man zumindest einen guten Benefit in Form von Freude.
Anders und durchaus überraschend dagegen war die Antwort bei der nächsten Frage: Wie viel Freude hatten Sie bei ihrer letzten Autofahrt? Das Ergebnis: Alle Befragten äußerten auf der klassischen 1-10er Skala (1 für keine Freude, 10 für die größtmögliche Freude) Werte im 2 und 3er Bereich. Viel interessanter jedoch: Der Vergleich mit den Fahrzeugwerten ergab keinerlei Korrelation oder Kausalität. Ob Porsche oder Twingo, bei der Frage nach der Freude bei der letzten Autofahrt spielte der Wert des Autos keine Rolle mehr.
Wie kann das sein? Ganz einfach. Bei der ersten Frage dachten die Probanden an ihr Auto. Das Design, das Interieur, der Motor, was auch immer sie mit diesem Auto verbinden. Da überrascht die Korrelation zwischen Freude und Fahrzeugwert kaum: Wer viel für ein Auto investiert, ist oft mit Leidenschaft dabei, beschäftigt sich intensiv mit dem Thema, ist folglich emotional auch höher involviert als ein der Käufer eines preisgünstigen Kleinwagens, der einfach sicher von A nach B kommen will.
Bei der zweiten Frage dagegen dachten Probanden, das war Sinn der Frage, an die letzte Autofahrt. Und diese war bei den Allermeisten, ganz gleich, ob 911 oder Twingo, eher wenig vergnügungssteuerpflichtig: Die Gedanken gingen zum letzten Stau, der gesperrten Bundesstraße oder dem drängelnden Audi SQ5 im Rückspiegel, dessen Front gefühlt auf Höhe der Rückbank war. Diesen Stress erlebt jeder gleich, egal, wie fein oder teuer der fahrbare Untersatz.
Die Implikation der Studie war eindeutig: Es macht mehr Sinn, in Erlebnisse wie Reisen oder ein schönes Dinner zu investieren als in Dinge, deren Wert wir im Alltag nicht mehr registrieren, an die wir uns gewöhnen und dennoch für den Erhalt jener Güter viel Lebenszeit aufwenden müssen.
Ich teile diese Implikation, würde es aber aus Sicht eines Autoliebhabers erweitern wollen: Man kann und soll ruhig in schöne Autos investieren (was soll ein Autohändler hier auch anderes schreiben…?), doch zeigt die Studie, dass uns der schönste Ferrari im Stau auf der A3 keinen Zusatznutzen bringt. Wer das Glück hat, sich ein besonderes Auto leisten zu können, der sollte unbedingt auch dafür sorgen, es unter Umständen bewegen zu können, für die es gebaut ist. Und die einfach Freude machen. Es stimmt: Ein Porsche per se macht wahrscheinlich keine Freude, wenn Sie damit nur im Feierabendverkehr stehen. Aber Boxster oder Elfer an einem Sonntag über eine freie Landstraße zu scheuen, an einem dieser prachtvollen Spätsommertage, die man am liebsten einfrieren und im Winter reaktivieren möchte: Das ist wahrlich kaum zu übertreffen.
Sie können das „Erlebnis mit dem Auto“ erweitern: Der Besitzer eines Jeep Wrangler Rubicon wird kaum vor Freude schreien, wenn er mit dieser geballten Geländekompetenz nur sonntags Brötchen holt. Fährt er dagegen ins Gelände, so ist dies eines der Erlebnisse, an die er noch lange denken wird. Ein VW Bulli Westfalia ist im Alltag kompetent, doch Erinnerungen schaffen erst die Reisen mit Camping am Meer und der dem Gefühl jener Freiheit im Gepäck, das Zuhause überall dabei zu haben.
Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen, doch der Kern bleibt bestehen: Wenn Sie ein Fahrzeug für den Alltag brauchen, so ist für ihr Freudenbarometer relativ egal, welches Auto das ist (Komfortfeatures wie Abstandstempomat oder Assistenten mal ausgenommen, die den Alltag tatsächlich erleichtern). Da macht fast jedes Fahrzeug seinen Job ähnlich gut, Grundfunktionalität vorausgesetzt.
Doch wenn Sie das Glück haben, sich ein besonderes Fahrzeug für die schönen Tage leisten zu können, so lautet mein Tipp: Gönnen Sie diesem besonderen Auto auch besondere Stunden. Verreisen Sie mit ihm, fahren Sie über verwinkelte Landstraßen oder italienische Alpenpässe, kurzum: Geben Sie diesem Invest namens Auto die Möglichkeit, von einem Objekt zu einer Erfahrung zu werden. Dann, und nur dann, generieren Sie mit dem Kauf jene Freude, die sie erhoffen und erwarten, wenn Sie sich für den Kauf entscheiden. Nicht die Dinge entscheiden, sondern die Zeit, die wir ihnen beimessen. Schließen wir mit Moliere: „Die Dinge haben nur den Wert, den man ihnen verleiht“.
Herzlichst
Ihr P. Busch