An dieser Stelle mal ein ganz persönlicher Kommentar von Klassische Automobile Wesel: Vor wenigen Wochen kauften wir von einem 87-jährigen Herrn einen 126er 300 SE. Er hatte ihn 1988 neu gekauft und wie seinen Augapfel behandelt. Das Fahrzeug war in einem sensationellen Zustand. Beim Verkauf flossen Tränen. Dieses Fahrzeug war sein Traumauto gewesen, doch er musste den Führerschein abgeben. Man sah in jedem Detail die Liebe, die seinem Benz zuteil wurde. Garage, Handwäsche, kein Regen…das volle Programm.

Bis auf…eine Chromleiste im Grill. Die war etwas verbeult. Mehr nicht. Nun suchten wir für dieses Schmuckstück einen neuen Liebhaber. Jemanden, der den Zustand und die Anstrengung, welche die Erhaltung über mehr als 30 Jahre fordert, zu würdigen weiß. Und wir fanden ihn. Doch was wir auch fanden: Kunden, die genau diese eine verbeulte Chromleiste monierten. Bei einem unrestaurierten Fahrzeug von 1988.

Ich stellte mir an dieser Stelle eine Frage: Welchen Maßstab sollte man an ein altes Auto ansetzen? Nur 0,09 Prozent aller produzierten Fahrzeuge erreichen in Deutschland überhaupt dieses historische Alter von 30 Jahren. Die restlichen 99,91 Prozent fallen Rost, mangelnder Pflege, Unfällen oder einem unrentablen Wartungsstau zum Opfer. Bei einem Alter von 40 Jahren sind es nur noch 0,002 Prozent, die überleben.

Was bedeutet das für Sie? Für uns von Klassische Automobile Wesel? Wenn Sie ein Fahrzeug vor sich haben, welches 30, 40 oder gar 50 Jahre alt ist, gehört es zu einem der ganz wenigen Überlebenden. Den ganz Wenigen,die es über die Jahrzehnte geschafft haben, in denen die anderen 99,91 Prozent dahingerafft wurden. Und das dieses Auto nun noch vor Ihnen steht, ist kein Zufall: Der oder die Besitzer meinten es gut mit ihm. Hielten ihm die Treue, als er nach 8-15 Jahren nur noch ein alter Gebrauchter war. Als Freunde wie Bekannte auf eine Neuanschaffung drängten. Die Familie mit der alten Gurke nicht mehr unterwegs sein wollte. Blieben ihm auch dann noch treu, als der Wartungsaufwand mit dem Alter stieg. Und diese Fürsorge ließ genau jenes Fahrzeug überleben, bei dem sich ein Kunde heute womöglich über eine verbeulte Kühlerstrebe echauffiert.

Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Man darf ruhig seinen individuellen Anspruch an einen Klassiker und dessen Zustand haben. Doch vergessen wir bitte nie die immense Leistung, die es erforderte, wenn uns heute ein 1979er 280 CE im Erstlack begegnet, dessen Wagenheberaufnahmen einem Jahreswagen ähneln. Da darf eine der vielen Holzleisten ruhig mal einen kleinen Riss haben, oder? Eben dieses Auto und eben diese(r) Vorbesitzer verdienen Respekt. Anerkennung. Denn Sie haben den Ansprüchen einer schnelllebigen Zeit langjährige Treue zu ihrem Klassiker entgegen gesetzt. Das ist übrigens auch wahre Nachhaltigkeit.

Wenn Sie sich also das nächste Mal ein klassisches Fahrzeug anschauen: Haben Sie dies im Hinterkopf. Seien Sie kritisch, aber zollen Sie einem 1970er Camaro Respekt. Denn es ist ein Wunder, dass er heute noch vor Ihnen steht.

Herzlichst

Ihr Team von Klassische Automobile Wesel