Wohin mit dem Geld? Gerade in wirtschaftlich volatilen Zeiten wie diesen eine evidente Frage nicht nur für die Superreichen unter uns. Die Anlageoptionen sind fast unüberschaubar. Nicht selten sollte man entweder Finanzprofi sein oder Einen kennen, um bei komplexeren Anlageformen ehrlich beraten zu können. Da ehrliche Finanzprofis möglicherweise aber gar nicht existieren, weil sich das von vornherein ausschließen muss, bleiben die Meisten von uns bei den Klassikern: Haus, Auto, Gold, Uhr oder Schmuck. Alles in den letzten Jahren und Jahrzehnten nicht die schlechtesten Optionen, wenn man sich die Statistiken der Wertentwicklung anschaut. Betrachten wir also an dieser Stelle die Anlageform Automobil ein wenig näher.

Der Klassiker als Invest scheint in letzter Zeit fast überstrapaziert, so sehr spielen Medien und Händler das Lied vom Wertzuwachs. Doch ganz unsubstantiiert ist der Tenor nicht. In der Tat konnten alle populären Klassiker, seien es nun Käfer und Bulli von VW, 107er und /8 von Mercedes und praktisch alle klassischen Baureihen von BMW bis zum E30 konstant zulegen. Wirklich rasant sind die Zuwächse im siebenstelligen Bereich, wo bestimmte Modelle wie Flügeltürer oder BMW 507, Ferrari F40 oder Porsche 959 und Lamborghini Miura und Countach innerhalb kürzester Zeit ihre Werte verdoppeln konnten. Da diese Autos für die Meisten von uns aber auf ewig den Eingang ins große Reich der unerfüllbaren Autoträume bilden, bleiben wir an dieser Stelle bei den bezahlbaren Modellen.

Zunächst also ein klares Ja: Klassiker, guter Zustand und Historie vorausgesetzt, pflegliche Behandlung ebenso, waren in den vergangenen Jahrzehnten stets eine sichere Bank. Signifikant ging es mit den Werten seit etwa 50 Jahren nie nach unten, die Aufwärtskurve hat lediglich hier und da kleine Dellen. So waren die Jahre 2017 und 2018 Hochpreisphasen, deren Niveau einige Modelle von Porsche und Ferrari bis heute nicht mehr erreicht haben. Trotzdem liegt ein guter Porsche 993 oder ein originaler BMW 328i Baureihe E36 heute signifikant höher als etwa 2014, war also eine gute Anlage und wird es auch bleiben. Auch bei Subtraktion der ungefähr angefallenen Kosten für diese Zeitspanne bleibt das Plus bestehen.

Denn: Anders als bei windigen Aktienderivaten steht beim Klassiker dem monetären ein tangibler, also physischer Wert entgegen. Die meisten Finanzprodukte gibt es nur auf dem Papier, und bei genauerer Betrachtung (Wirecard) nicht mal dort. Der Klassiker ist da. In ihrer Garage. Punkt. Und entspricht damit auch dem Wunsch nach einer gewissen Form der Beständigkeit.

Die Folgekosten? Sind da. Durch die bei Klassikern verbreitete H-Zulassung und oftmals keinerlei Wertverlust jedoch geringer als bei einem neuen Kleinwagen, wenn es nicht eben eine italienische Preziose ist.

Das Stichwort Kosten führt uns direkt zur philosophischen Komponente. Denn in aller Offenheit: Was wollen Sie denn sonst mit dem Geld machen? Klassiker sind Kunst. Genuss. Tun der Seele gut. Und wenn wir doch in Zeiten von Corona etwas brauchen, ist es dann nicht genau das? Museen und Restaurants waren bis vor nicht allzu langer Zeit geschlossen, Konzerte und Veranstaltungen werden noch immer verschoben, Kultur ist größtenteils auf Eis gelegt. Eine resonanzfeindliche Welt hinter Masken. Das Unbehagen in der Kultur, so schrieb Nietzsche. Ohne Corona zu kennen.

Für mich, ganz persönlich, ist mein alter Jaguar aktuell wichtiger denn je. Denn er ist das einzige Genussmittel, mein ganz persönliches Kulturgut, das mir keiner nehmen kann. Vor Corona gab es eine fast überbordende Optionsfülle an Aktivitäten. Nun ist die Welt klein geworden. Sehr klein. Mein Klassiker ist mein Refugium der Individualität. Keine Maske. Keine Restriktionen. Immer für mich geöffnet. Es braucht so wenig: Einfach meine Lieblingsmusik, eine schöne Landstraße, gern etwas Sonne. Den Reihensechszylinder spüren, den Blick über das Armaturenbrett aus Holz schweifen lassen, die Chromregler bedienen. Wer sagt, Autos seien keine Kunst, hat echte Autos nie erlebt.

Ich fahre, also bin ich. In diesen Momenten ist es fast so, als würde die Welt nicht Kopf stehen. Damit ist mein Klassiker ein so wichtiges Stück Normalität. Ein Anker, der ich mutig in diesen stürmischen Zeiten auswerfe. Und der Halt gibt. Zu pathetisch? Kaum. Empfindung läßt sich nicht generalisieren.

Charmant also verknüpften Klassiker und Youngtimer das ökonomische mit dem hedonistischen Motiv und schaffen eine ebenso sichere wie auch freudvolle Anlage. Auch für die Zeit, in der wir bei Corona einfach wieder an ein kühles Bier denken.

Viele werden hier wissen, wovon ich schreibe. An alle anderen: Seien Sie herzlichst ermutigt,  sich einen Klassiker zuzulegen.

Was denken Sie? Schreiben Sie mir: p.busch@klassische-automobile-wesel.de