Jean-Paul Sartre war der berühmteste Vertreter der Strömung des philosophischen Existenzialismus. In seinem wohl bekanntesten Werk neben „Das Sein und das Nichts“ sowie „Der Ekel“ geht es in der Theateraufführung „Geschlossene Gesellschaft“ um drei Protagonisten. Wie wir alle sind sie Sünder und wissen von den Missetaten des jeweils Anderen. Sie werden gemeinsam in ein Zimmer gesperrt, ohne Ausweg, den wertenden Blicken des Gegenübers schonungslos ausgesetzt. Ohne auch nur ein Wort zu sprechen, werfen sie sich gegenseitig ihre Fehlerhaftigkeit vor. Und machen damit ihr Leben zur gelebten Hölle.

Ziemlich starker Tobak. Und vor allem: Was hat das in einem Blog über Autos zu suchen? Nun ja, Sartres Botschaft war ganz simpel: Wenn wir uns von den wertenden Blicken und Meinungen unserer Mitmenschen nicht befreien, wenn wir unser Leben und Handeln auf Gefallen und Nichtgefallen Anderer ausrichten, wenn wir Entscheidungen so treffen, dass in der Allgemeinheit (Freunde, Familie, Fremde) bloß kein Widerspruch entsteht: Dann ist unser Leben fremdbestimmt. Und wäre damit für Sartre die gelebte Hölle, denn nie könnten wir dann frei sein und wirklich das tun, was uns aus tiefstem Herzen erfüllt.

Warum ich das schreibe? Es begegnet mir bei Klassische Automobile Wesel nur zu häufig. Ein Kunde ist schon lange in ein bestimmtes Fahrzeugmodell verliebt. Emotional wie ökonomisch gibt es keine Einwände. Unter Umständen wird das Objekt der Begierde mit der Zeit gar eine Wertsteigerung erfahren, da es ein Old- oder Youngtimer ist.

Doch dann das Aber: Was sagen die Nachbarn? Die Freunde? Die Ehefrau? Auch an und für sich unkritische Baureihen ecken garantiert irgendwo an. Wie groß ist schon die Wahrscheinlichkeit, es wirklich allen Recht zu machen? Und sollte das wirklich das Ziel sein?

So scheitern Träume viel zu häufig bereits vor der Möglichkeit der Realisation. C‚est trop triste pour être vrai!

Was würde Sartre Ihnen raten? Eine rücksichts- und empathielose Egozentrierung des Selbst auf die eigenen Bedürfnisse? Nein, ganz sicher nicht. Es ist in unseren sozialen Strukturen tief verwurzelt, unser Tun und unsere Entscheidungen im Gegenüber zu reflektieren und diesem einen Raum zu geben. Doch, und hier liegt der feine Unterschied, bedeuten Freiheit und Selbstbestimmung, die Grenze des Einflusses Anderer nicht nur zu kennen, sondern diese selbst zu bestimmen. Jeder sollte seine kleinen Inseln der Zuflucht haben. Lebensbereiche, die vom Gefallen- oder Nichtgefallen „Signifikanter Anderer“ ausgenommen sind. In denen wir frei und selbstbestimmt entscheiden, was wir, und auch nur wir, wollen. Wo genau man diesen Bereich hat, in dem eben nicht gilt: „Die Hölle, das sind die Anderen“, das vermag ein Jeder für sich selbst zu entscheiden.

Aber als Autoliebhaber bietet es sich an, genau dieses wunderbare Hobby als eben jede Oase der Zuflucht zu begreifen, in der all das, was die Anderen denken oder sagen, keinerlei Bedeutung hat.

Was meinen Sie?

Zum Weiterlesen:
„Der Ekel“ von Jean-Paul Sartre. Sollte zunächst Melancholia heißen und liest sich auch so. Sartre schrieb jahrelang an diesem schwer verdaulichen Brocken, der in seiner Sprache so brillant ist wie er inhaltlich verstört.

„Der erste Mensch“ von Albert Camus. Ganz anders als Sartre, geschwungen in seiner Wortwahl, dennoch leicht zu lesen und unergründlich schön.

„Der Mythos des Sisyphus“ von Albert Camus. Wer wissen will, warum wir uns Sysiphus als glücklichen Menschen vorstellen müssen, kommt an dieser Lektüre nicht vorbei.